v.l.n.r.: Hanshi Shiro Asano (9.DAN, Europa-Cheftrainer S.K.I.) mit Enkelin, Akio Nagai Shihan (8.DAN & Bundestrainer S.K.I. Deutschland), Naka Tatsuya Shihan (6.DAN, JKA) 

Jubiläum: 85 Jahre Takudai

Ca. 400 Teilnehmer verteilten sich von 27.-29.März auf zwei große Dreifachturnhallen und erhielten zu den Trainingszeiten abwechselnd „Besuch“ von den angereisten Großmeistern.Diese waren alles Absolventen der Takushoku (Takudai)-Universität in Tokio, Japan. Nach Verbänden getrennt muss man diese wie folgt auflisten.

SKI
Shiro Asano, 9.DAN
Akio Nagai, 8.DAN
Manubo Murakami, 7. DAN

JKA
Hideo Ochi, 8.DAN
Tatsuya Naka, 6. DAN




Gruppenbild mit Manubo Murakami Shihan 7.Dan (3.v.r.)



Ich weiß nicht, ob ich mich daran erinnern kann jemals an einer größeren Veranstaltung teilgenommen zu haben als eben diesem etwas ungewöhnlichen – 85 Jahre (?) - Jubiläum; ausgenommen internationale Meisterschaften selbstverständlich. Selbst als Bruce Lee noch ein Held und nicht die in Youtube-Videos verunglimpfte „BAM - be water my friend“-Witzfigur war, waren die Lehrgänge nicht so groß.
Und … ich weiß nicht, ob ich jemals an einer Veranstaltung mit zwei unterschiedlichen Verbänden teilgenommen habe. Offiziell bin ich sowieso nie woanders gewesen als auf einem S.K.I.D. Lehrgang.

Aber, wenn ich ganz tief in meinen Erinnerungen grabe, dann gab es da mal eine Veranstaltung als Deutschland noch geteilt, ein Handy noch die Größe einer quietschgelben von innen begehbaren öffentlichen Telefonzelle hatte und eigentlich jeder andere Verband mehr als nur tabu war. Ich meine, es war sogar ein gemeinsamer Lehrgang mit dem DKB, dem Vorläufer des heutigen DKV, der unter seinen Flügeln alles was den Namen Karate trägt (Stichwort: Stilrichtungsoffen) zusammen bringen möchte. Meine Erinnerung sind da aber verschwommen, zumal mich eh nicht gejuckt hatte wer das Ding ausgerichtet hat und ich an „Mister Karate“ Hirokazu Kanazawa interessiert war. Dieser gab – ich meine sogar mit einem seiner Söhne - Einblicke in Bunkai. Heute ist das nichts besonderes, weil eh alles im Netz zu finden ist, und sei es noch so unbedeutend. Damals war es ein besonderer Leckerbissen.

Erwähnen sollte ich vielleicht noch, dass Sensei Nagai auch dabei war.

Zurück zum Jubiläum. Warum feiert man ein 85-jähriges Jubiläum? 85 Jahre sind kein Jubiläum. Zumindest nicht in Deutschland. Angereist waren aber viele, die man schon zur Europameisterschaft gesehen hatte. Alles was in Europa Rang und Namen hat. Das wird für beide Verbände gelten, wobei mir nur die Gesichter des eigenen Verbandes bekannt sind.

Und warum zusammen mit der JKA?
Als Sensei Nagai zum diesjährigen Bundeslehrgang bei uns in Gütersloh war, und ich ihm scherzend mitteilte, dass mich das gemeinsame Foto mit den Größen des JKA und ihm zur Ankündigung des Lehrgangs etwas … sagen wir … „erstaunt hatte“, musste er schmunzeln. Gleich darauf wurde er aber ernst und teilte mir mit, dass er diesen Schritt auf den JKA zugegangen ist, um den Austausch zwischen diesen beiden sehr traditionellen Verbänden zu fördern. Also, dass was auf dem Sommer-Gasshuku schon in den letzten Jahren jeweils in Person von Aragane Sensei (JKA) stattgefunden hatte, war nicht nur persönliche Freundschaft, sondern eine neue bewusst gewollte Offenheit (?).

Die Deutsch-Österreichischen Grenzgebiete mögen diese Offenheit innerhalb des SKI schon öfter bei „deutschsprachig-europäisch-inter-nationalen“ Lehrgängen erlebt haben. Indes bei uns hier oben gibt es das nicht. Das mag am hiesigen Menschenschlag liegen. Wenn auf dem Scheunenball hübsch nach Geschlechtern getrennt auf der einen Seite die Frauen und auf der anderen die Männer brav neben einander sitzen, dann ist von der westfälischen Reihe die Rede. Dieses Phänomen findet man selbst dann bei Festivitäten in unserer Region vor, wenn sich verheiratete Ehepaare darunter befinden. Auch diese werden getrennt. Ordnung muss sein!
Heute ist alles anders? Vergiss es. Die Madels sitzen mit gekreuzten Beinen stumm neben einander und datteln mit irrwitziger Geschwindigkeit sinnfreie Buchstabenkombinationen in ihr Smartphone und die Jungs halten sich in der anderen Ecke an ihrem Bier fest. So ist die Tradition.

Womit wir schon beim Pudels Kern sind. Denn das scheint die Verbindung zwischen diesen beiden Verbänden zu sein – nicht das Bier ... die Tradition. Während sich viele Dachverbände des Karate um eine Zulassung zu Olympia bemühen, wird das von den Traditionalisten abgelehnt. Zwar hat Olympia, das Spiel zu Ehren der Götter, auf dem Papier eine außergewöhnlich lange Tradition, ist aber in der Praxis von den Medien immer mehr vereinnahmt worden.
So spielt heutzutage nicht mehr der Gedanke, dass alle Waffen ruhen sollen, die Hauptrolle, sondern Fördergelder, Medaillenspiegel und Werbeverträge. Was folgt sind Dopingskandale wie beim Radeln und eine Verzerrung der Ergebnisse durch unterschiedliche monetäre Voraussetzung der Sportler. Ein Beispiel sind die abertausenden Fördergelder in die prestigeträchtigen Deutschen Bobfahrer des Wintersports. Wer glaubt denn, dass ein mittelloser Ungar die gleichen Voraussetzungen hat wie ein deutscher Bobfahrer?

Und so wird es dann auch beim Karate sein, befürchten die Traditionalisten und legen jedes Mal ihr Veto ein, wenn wieder ein Karate-Weltverband die Blicke gen Olympia schweifen lässt. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das alles entwickelt.


Das Training

Gespannt war ich auf das Training von den Youngsters – also den Großmeistern um die zarten 50. Völlig unbekannt war mir das Training der JKA-Instruktoren nicht. Im direkten Vergleich kam ich aber zu folgendem Schluß: Ehre und Ruhm den alten Großmeistern jenseits der 70, die das Karate in Europa und der Welt aufgebaut und verbreitet haben, aber richtig fesselnd war das Training bei der jüngeren Generation; Murakami und Naka Sensei. Diese beiden treffen mit ihrem Konzept deutlich besser den Nerv der Zeit und es machte bei jedem auf unterschiedliche Weise sehr viel Spaß! Ganz klar ist sowas begünstigt dadurch, dass beide selten in Deutschland sind und man dann etwas neues mitnehmen kann. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land.
Damit ist die Aufteilung aber nicht nach Verband, sondern nach Generation erfolgt.

Klasse war, dass wir so zahlreich von Hojo dabei waren. Denn eines ist sicher. Das war ein historisch relevanter Lehrgang. Zumindest aus Sicht eines Karateka.